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Umweltschutz • 18. April 2022

Tierischer Landschaftspfleger am Inselrhein

Tierischer Landschaftspfleger am Inselrhein

Wer in diesen Tagen in den Binger Rheinauen unterwegs ist, hat sie sicherlich schon gesehen: eigentümlich sanduhrförmig angenagte Baumstämme, zudem liegen vereinzelte regelrecht abgeschälte Stämme am Boden. Das helle Holz der angenagten Stellen leuchtet förmlich in der noch weitgehend blattlosen Auenvegetation und am Wegrand liegen seltsame „Holzchips“. Hier war kein menschlicher Landschaftspfleger zugange, vielmehr ist ein tierischer Akteur am Werk: der Biber.

Mit einer Körperlänge von ca. einem Meter ist der Biber das größte heimische Nagetier Deutschlands. Früher war er über ganz Europa bis in die Mongolei hinein verbreitet, doch im 19. Jahrhundert wurde er durch intensive Bejagung nahezu ausgerottet. Der Mensch nutzte sein dichtes, wasserabweisendes Fell zur Herstellung von Mänteln und Hüten, sein Fleisch war zudem beliebt als Fastenspeise in der vorösterlichen Zeit.

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Heute ist der Biber streng geschützt. Diesem Umstand sowie der verbesserten Wasserqualität des Rheins und diverser Renaturierungsmaßnahmen entlang des Flussufers ist es zu verdanken, dass er an den Inselrhein zwischen Bingen und Mainz zurückgekehrt ist.

Die Wiederkehr des Nagers ist ein Glück für dieses Gebiet, denn von den Aktivitäten des Bibers profitieren nachweislich zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Durch das Fällen von Bäumen und die Anlage von Dämmen, Biberbauen und -burgen erhöht der nachtaktive Säuger die Strukturvielfalt und schafft neue Lebensräume. So erhält oder schafft der Stau von Gewässern wertvolle Feuchtgebiete. Zudem stellt „Meister Bockert“ große Mengen Totholz bereit, das vielzähligen Lebewesen – vom Kleinsäuger bis zum holzzersetzenden Bakterium – Nahrung, Entwicklungs- und Rückzugsmöglichkeiten bietet.

Früher als Fischräuber verunglimpft, weiß man heute, dass sich der Biber rein vegetarisch ernährt. Neben Wildkräutern, Gräsern und Wasserpflanzen frisst er mit Vorliebe die nährstoffreiche Rinde sowie die Zweige, Blätter und Knospen von jungen Weiden und Pappeln. Um zu verhindern, dass der flinke Nager, der über Nacht einen Baum von bis zu 40 Zentimetern Durchmesser durchnagen kann, sämtliche Jungbäume in den Binger Rheinauen „anknabbert“, bringt das Binger Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) derzeit dort an einigen Bäumen sog. Drahthosen an. Ziel ist es, den Fortbestand und die natürliche Verjüngung des wertvollen Auenwaldes, der Lebensraum unzähliger weiterer Tier- und auch Pflanzenarten ist, zu sichern.

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Besucher sollen solche Schutzvorrichtungen an den Baumstämmen lassen! Die Biber werden dadurch weder vertrieben noch verhungern sie. Was den Biber wirklich stresst, ist das wiederholte Eindringen des Menschen in sein Gebiet. Naturfreunde bleiben auf den Wegen, betreten die empfindlichen Uferbereiche nicht, vermeiden Lärm und hinterlassen keinen Müll! Sowohl die Störung dieser streng geschützten Tiere als auch die Beschädigung von Biberbauwerken sind Straftaten, die extrem hohe Geldstrafen nach sich ziehen.

Dass der Nager mit dem typischen platten Schwanz sich dauerhaft am Inselrhein ansiedelt, darauf hofft auch Daniela Schaefer-Krolla, Leiterin des NABU-Auenservice. „Aufgabe des Auenservice-Teams ist es, die vielen Besucher und Besucherinnen der Rheinauen zwischen Bingen und Mainz anzuhalten, die insbesondere in den Schutzgebieten geltenden Regeln zu beherzigen. Damit schaffen wir eine gute Grundlage, dass sich auch der Biber bei uns wohlfühlt.“

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