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Lokal • 31. Juli 2024

Interview mit Erwin Malkmus zu den Folgen der Afrikanischen Schweinepest

Warum sind am Rhein bei Nackenheim und im Oppenheimer Wäldchen Wege und Zugänge abgesperrt?

Unsere Vorgaben haben vor allem ein Ziel: Wir wollen, nein: wir müssen dafür sorgen, dass die Afrikanische Schweinepest nicht über die Grenzen des jetzt betroffenen Gebietes hinausgeht. Denn wenn dies geschieht und die Seuche den Binger Wald, den Pfälzer Wald und den Hunsrück erreicht, sind die Folgen nicht absehbar und der finanzielle Schaden wird immens hoch sein.

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Das Oppenheimer Wäldchen und die Rheininseln bei Nackenheim spielen hier im Landkreis Mainz-Bingen eine ganz zentrale Rolle. Dort leben große Wildschweinpopulationen, zudem ist der Weg über den Rhein ins ebenfalls betroffen hessische Ried kurz. Im Oppenheimer Wäldchen haben wir auch bereits mehrere infizierte Wildschweinkadaver gefunden.

Nun ist davon auszugehen, dass sich alle Wildschweine im Kerngebiet über kurz oder lang infizieren. Damit diese infizierten Tiere innerhalb dieser Zone bleiben, dürfen sie in Ihrem Revier nicht aufgeschreckt und vertrieben werden – die Gefahr ist groß, dass sie mit dem Virus im Körper in andere Regionen vordringen und die Afrikanische Schweinpest sich weiter ausbreitet.

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Gelten für Hunde besondere Einschränkungen?

Ja. Durch Hunde werden die Wildschweine besonders aufgeschreckt. Deshalb sollten Hunde derzeit dem Oppenheimer Wäldchen und auch den anderen Bereichen des Kerngebietes komplett fernbleiben. Wir bitten die Hundebesitzer dringend darum, auf andere Spazierwege auszuweichen. Und deshalb ist dort auch der Hundestrand gesperrt. In der restlichen Restriktionszone müssen sie beim Spaziergang zumindest angeleint sein.

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Warum gilt dies dann nicht für alle Wege, zum Beispiel im Wäldchen? Warum ist etwa die Zufahrt zum Strandbad, zum Campingplatz und zum Restaurant frei?

Die Öffnung des Weges zum Strandbad ist ein Kompromiss. Es gilt abzuwägen zwischen der Seuchenbekämpfung einerseits und einem tolerierbarem und verantwortungsbewusst abgewogenem Freizeitangebot für die Bevölkerung. Eine komplette Schließung wäre aus seuchenhygienischer Sicht sicher der konsequentere Weg.

Auf der anderen Seite stehen aber auch zum Beispiel viele Familien, die sich keinen Urlaub leisten können und für die ein Ausflug zum Strandbad eine wichtige Rolle spielt. Selbstverständlich spielen auch die Camper nebendran und vor allem die wirtschaftlichen Interessen des Restaurants eine Rolle. Immerhin geht es hier um eine Existenz. Deshalb haben wir uns zu diesem Kompromiss entschlossen und bauen darauf, dass die Menschen dann auch wirklich nur die freien Wege benutzen, die Hundebesitzer mit ihren Tieren sich andere Spazierwege als zum Beispiel im Oppenheimer Wäldchen suchen und wir dadurch die Seuche möglichst in den Griff bekommen. Damit wäre viel gewonnen.

Was ist in den besonders betroffenen Gebieten erlaubt und was nicht?

Grundsätzlich gilt: Nur die offenen Wege benutzen und nicht ins Dickicht gehen. Wichtig ist, dass alles, was viel Lärm macht, unterlassen wird: Partys im Schrebergarten oder am Strand zum Beispiel. Zum Rheinrestaurant sollte langsam gefahren werden. Hunde sind, wie oben schon erwähnt, gar nicht erlaubt. Der Hundestrand am Rhein ist gesperrt.

Die Zugänge zu den Stegen in den Häfen von Nackenheim und Oppenheim sind derzeit gesperrt, der Bogenschießplatz ist eingezäunt und zum Training offen sollte aber möglichst zu Fuß oder per Rad besucht werden. Der Segelsportverein war sofort bereit, mit uns zusammen nach einvernehmlichen Lösungen zu suchen. Der Segelflugbetrieb ist zurzeit stark eingeschränkt und auf Segelflugzeuge beschränkt. Motorgetriebene Flugzeuge dürfen derzeit weder starten noch landen.

Auch der Radweg am Rhein ist in dem Bereich gesperrt, Radler werden um das Wäldchen herumgeführt. Die Absperrungen sind unbedingt zu befolgen, um möglichst wenig Betriebsamkeit im Wäldchen und am Rhein zu haben.

Werden die Vorgaben eingehalten? Welche Konsequenzen gibt es bei Nichtbeachtung?

Leider stellen wir immer wieder fest, dass Regeln nicht eingehalten werden und selbst Verbotsschilder aus dem Weg geräumt werden. Leider werden wir gezwungen sein, derartige Verstöße zukünftig konsequent mit empfindlichen Bußgeldern zu ahnden. Wenn es dem Schutz der öffentlichen Interessen dient, werden wir das auch tun.

Mit den Vereinen und Betrieben, die durch die Vorgaben eingeschränkt sind, stehen wir im Austausch, – immer auf der Suche nach einvernehmlichen und zielorientierten Lösungen. Aber: jeder Verein und jede Privatperson sollten sich in der jetzigen Situation selbstkritisch fragen, ob es zu der Vereinsaktivität oder persönlichen Freizeitgestaltung aktuell im Kerngebiet zumutbare Alternativen gibt. Radfahren und Kanu fahren ist bestimmt auch außerhalb des Kerngebietes möglich. Mit Pfeil und Bogen üben oder den Hund ausbilden und trainieren, müsste auch bei befreundeten Vereinen möglich sein. Angeln ist stromaufwärts oder –abwärts sicher auch schön und erfolgversprechend.

Wie sieht es bei den Themen Jagd und Ernte aus

Gejagt werden darf in der Kernzone überhaupt nicht. In der Restriktionszone ist die Jagd auf alle Wildtiere, außer auf Schwarzwild, mit Auflagen möglich, sofern in dem betreffenden Gebiet in den vergangenen fünf Jahren nicht mehr als zwei Wildschweine pro 100 Hektar erlegt worden sind. Die Ernte darf dann eingefahren werden, wenn per Drohne klargestellt wurde, dass sich weder Wildschweine noch Wildschweinkadaver in dem betreffenden Feld befinden.

Was bedeutet das Virus für die Schweinehalter im Landkreis Mainz-Bingen?

Die Hygienevorschriften für die Schweinehalter sind hochgefahren worden und müssen nun ganz penibel eingehalten werden: die Tiere müssen im abgegrenzten Bereichen gehalten werden, die von außen für andere Tiere nicht zugänglich sind. Möglichst wenige Personen sollten das jeweilige Gelände betreten und die sehr aufwendigen Biosicherheitsvorschriften beachten. Dazu gehört die hofeigene Schutzkleidung und die Desinfektion von Schuhwerk und Gerätschaften vor und nach dem Betreten der Stallungen. Das ist schon mal ein immenser Aufwand. Landwirte, die sich nicht an die vorgeschriebenen Biosicherheitsvorschriften halten, müssen mit empfindlichen Bußgeldern rechnen, zudem verlieren sie im Seuchenfall den Anspruch auf Entschädigung durch die Tierseuchenkasse.

Zudem gibt es starke Einschränkungen für den Handel mit Schweinen und Produkten aus Schweinefleisch sowie Schlachtungen.

Wenn es dennoch passiert und das Virus in einem Schweinebetrieb auftritt, müssen alle Tiere getötet werden. In Hessen sind mittlerweile vier Betriebe betroffen, mehr als 1500 Tiere wurden gekeult. Das wollen wir natürlich verhindern, denn der hier stehen Existenzen auf dem Spiel.

Wie lange dauert es, bis die Afrikanische Schweinepest eingedämmt ist und die Einschränkungen wieder aufgehoben werden können?

Das ist sehr schwer einzuschätzen. Bis die Region wieder komplett zur ASP-freien-Zone erklärt werden kann, wird es nach den bisherigen Erfahrungen aus anderen Gebieten mindestens zwei Jahre dauern. Diese Frist beginnt aber erst dann zu laufen, wenn kein infiziertes Wildschwein mehr gefunden worden ist. Die Gefahr, dass das sehr widerstandsfähige Virus auch noch lange in der Natur vorhanden ist, ist groß.

Die Vorgaben und Einschränkungen werden aber nicht die komplette Zeit gleich sein. Sie werden immer wieder überprüft, neu bewertet und gegebenenfalls verändert.

Was wären die Folgen, wenn die Eindämmung nicht gelingen sollte?

Die Folgen wären katastrophal, die Schweinpest würde dann möglicherweise in die großen rheinland-pfälzischen Walgebiete vordringen, wo sie sehr viel schwerer in den Griff zu bekommen wäre. Dort leben viel mehr Wildschweine als im weitgehend waldfreien Rheinhessen. Die Tiere finden dort mehr und sicheren Unterschlupf und vor allem viele Artgenossen, denen sie das Virus weitergeben können. Zudem gibt es in anderen Regionen des Landes noch viel mehr und größere Schweinebetriebe und auch Großmetzgereien. Wenn das Virus dorthin gelangt, geht der Schaden in mehrfache Millionenhöhe – für die Betriebe, aber auch für die gesamte Gesellschaft.

Die Einschränkungen für Vereinsaktivitäten und die individuelle Freizeitgestaltung würden zudem noch länger Bestand haben. Was dies bedeutet, erfahren wir gerade am eigenen Leib.

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