40 Jahre Ingelheimer Rathaus
40 Jahre Ingelheimer Rathaus, Neuer Markt 1 Barbara Timm Vor vier Jahrzehnten baute sich die Stadt Ingelheim ein neues Rathaus. Nicht nur Platzmangel in den dezentral gelegenen Verwaltungsämtern war Ansporn für die Entscheidung des Stadtrates zum Neubau eines Rathauses, sondern auch die Nähe zum Bürger war vor 40 Jahren schon das große Ziel. Bis zur Übergabe des Hauses an die Verwaltungsspitze mussten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rathauses im Ingelheimer Stadtgebiet über mehrere Häuser und Baracken verteilt arbeiten. So befanden sich zum Beispiel der Sitz des Oberbürgermeisters und der Hauptverwaltung im alten Rathaus von Nieder-Ingelheim. Das Bauamt mit Bauhof war in einer Baracke auf dem Gelände der Rheinhessischen an der Binger Straße untergebracht.
Schon vor dem Beitritt der Gemeinde Groß-Winternheim 1972 zur Stadt Ingelheim diskutierte der Stadtrat unter Oberbürgermeister Hans Ulrich Oehlschlägel (1966 bis 1972 Bürgermeister, ab 1973 Oberbürgermeister) Ende der 1960er Jahre intensiv über einen Rathausneubau. In der Diskussion waren die Standorte An der Grießmühle, Bahnhofstraße und Im Sohl. Letztendlich entschieden sich die Mitglieder des Stadtrates für den Rathausneubau auf dem Gelände an der Binger Straße, wo einst die Ingelheimer Maschinenfabrik stand. Mitausschlaggebend für diese Wahl war die gute Erreichbarkeit eines bürgerfreundlich gelegenen Verwaltungszentrums verbunden mit der zukünftigen Schaffung eines modernen Stadtzentrums.
Nach Plänen von Architekt Dipl. Ing. Wilhelm Kruse aus Stockhausen/Westerwald wurde der Neubau des neuen Ingelheimer Rathauses am 11.12.1978 vom Stadtrat beschlossen und umgesetzt.
Nachdem die noch vorhandenen Bauten der Maschinenfabrik sowie Nachbargebäude abgerissen und das Gelände soweit vorbereitet war, tätigte Oberbürgermeister Anno Vey am 04. Juni 1980 den symbolischen ersten Spatenstich. Und am 02. Oktober 1980, einem regnerischen Tag, schloss er im Beisein der Verwaltungsspitze, des Stadtrates und Gästen den eingelegten Grundstein mit drei Hammerschlägen. In der eingemauerten Metallschatulle befanden sich neben einer Kopie der Stadturkunde ein Verzeichnis der damaligen Stadtratsmitglieder, ein Stadtplan, Baupläne, ein Stadtwimpel, ein kompletter Satz DM-Münzen, eine Ausgabe der Allgemeinen Zeitung, das Programm des Rotweinfestes 1980, eine Flasche Ingelheimer 77er Spätburgunder, Fotos der Urkunden zu den Städtepartnerschaften mit Autun, Stevenage und Berlin-Kreuzberg sowie der Dreierpartnerschaft Autun-Stevenage-Ingelheim. Nicht nur ein reiner Zweckbau sollte das neue Rathaus werden. Es sollte auch die Moderne in seinem Erscheinungsbild repräsentieren. Dazu war der Wettbewerb „Kunst am Bau“ für die Gestaltung der Eingangshalle und für die Außenanlage ausgeschrieben worden. Sieben Künstler aus Rheinland-Pfalz, darunter auch der Ingelheimer Armin Wermann, sowie je ein Künstler aus den Partnerstädten Autun, Stevenage und Berlin-Kreuzberg wurden zur Abgabe eines Entwurfs aufgefordert. Nach längerer Diskussion bestätigte der Stadtrat Armin Wermann als Sieger des Wettbewerbs. Er hatte für das Foyer des Rathauses ein Relief aus Schieferstein mit stadthistorischen Ansichten sowie für die Außenanlage einen Uhrenturm eingereicht. Nach nur zweijähriger Bauzeit konnte am Wochenende des 29./30. Oktober 1982 das neue Ingelheimer Rathaus mit einem Bürgerfest an die Ingelheimerinnen und Ingelheimer übergeben werden. Bis in die späten Abendstunden hinein nahmen sie mit Bier, einem deftigen Ochsen am Spieß, zünftiger Musik, Gesang und Tanz Besitz von ihrem neuen Verwaltungsgebäude. Während der Eröffnungsfeierlichkeiten anlässlich der Rathauseinweihung übergab Architekt Kruse an Oberbürgermeister Anno Vey einen künstlerisch gestalteten, überdimensional großen Schlüssel (gefertigt und gestiftet von der Kunststube A. Wermann). In Silber gefertigt symbolisierte ein Bergkristall mit vier Zacken, eingearbeitet im Griff, die vier Ingelheimer Stadtteile Nieder-Ingelheim, Ober-Ingelheim, Frei-Weinheim und Groß-Winternheim. Die Vorderseite des Schlüssels zierte das Ingelheimer Stadtwappen und die Rückseite das Karlskreuz, während im Bart – ebenfalls vierzackig – der Originalschlüssel zum Rathaus eingepasst war.
Das neue Ingelheimer Rathaus, geplant und gebaut für rund 120 Arbeitsplätze, platzte 2012 bereits aus allen Nähten. Um die Arbeitsabläufe und Bedingungen für die nun 200 Mitarbeiter zu verbessern, wurde im Zusammenhang mit der Planung eines Stadtzentrums „Ingelheimer Mitte“ auch schon eine Erweiterung des Rathauses diskutiert.
Das Umfeld des Rathausplatzes hat sich seit Sommer 2017 mit der Eröffnung der Kulturhalle KING und des neuen Weiterbildungszentrums stark verändert. Neu gestaltet erhielt er den Namen „Fridtjof-Nansen-Platz“. Im Jahr 2019 wurden Heidesheim mit Uhlerborn und Wackernheim Teil der Stadt Ingelheim, die ab da gut 36000 Einwohner zählt. Im fast 40 Jahre alten Verwaltungszentrum wurde das Platzangebot für die nun größere Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schnell zu eng. Statt Abriss des Gebäudes beschloss der Ingelheimer Stadtrat nach intensiver Diskussion, das Verwaltungszentrum mit einem Anbau zu erweitern und von Grund auf zu sanieren. Nach jetzigem Planungsstand sollen die umfangreichen Baumaßnahmen im Sommer 2024 abgeschlossen sein.
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