Der Ober-Ingelheimer Marktplatz im Wandel der Zeit
Dort wo heute Parkplätze für Autos sind, stand einmal ein Marktbrunnen. Autos waren zu dieser Zeit noch kein Thema, eher schon Holzkarren, die man vor den Geschäften sehen konnte. Als der Marktbrunnen beschädigt wurde, fand an der gleichen Stelle im Jahre 1901 ein Kriegerdenkmal seinen Platz. Doch auch dieses ist heute an anderer Stelle, nämlich im Rosengärtchen gegenüber der Burgkirche.
Geblieben ist dagegen das ehemalige Ober-Ingelheimer Rathaus. Es wurde im Jahre 1828 im klassizistischen Stil erbaut und dient heute diversen Zwecken, insbesondere ist es Schauplatz der Krönung der Rotweinkönigin zu Eröffnung des Rotweinfestes.
Geblieben ist auch das Eckhaus an der Ecke Bahnhofstraße/An der Burgkirche. Aus „Georg Bambach“ ist heute „Tabak Bambach“ geworden, aber das Ambiente ist fast unverändert.
Reich an Geschäften war Ober-Ingelheim in seiner Vergangenheit schon immer. Handel und Gewerbe florierten. 1930 gab es 16 Weinhandlungen, 12 Schuhmacher, 1 Kaffeerösterei, 1 Hutmacher, 11 (!) Metzgereien, 1 Fleischbeschauer, 2 Sattler, 1 Dampfsägewerk, 10 Tüncher und 1 Sarglager. (Quelle: Alte Fotos von Ingelheim, Leinpfad Verlag, S. 10) Stiegelgasse und Rinderbachstraße waren die wichtigsten Geschäftsstraßen, die sternenförmig vom Marktplatz aus gingen. Noch in den 60er/70er Jahren gab es etliche Metzgereien. Zwei davon bestehen noch heute – unter anderem Namen. Unterhalb des Marktplatzes gab es die kleine Metzgerei Specht, die so klein war, dass nur eine Verkaufstheke und drei Käufer oder Käuferinnen darin Platz hatten. Die Fleischwurst der Spechts hatte einen legendären Ruf. Heute befindet sich in dem Laden ein Friseur. Ein weiteres Geschäft war die Metzgerei Habel, die nur wenige Minuten vom Marktplatz entfernt ihre Verkaufsstelle und einen besonders guten Lachsschinken im Angebot hatte.
Direkt am Marktplatz gab es die Bäckerei Lunkenheimer, heute befindet sich im ehemaligen Ladengeschäft die Pizzeria Capri, die wesentlich zur Belebung des Marktplatzes beiträgt – auch mit der Außenbestuhlung im Sommer. Die Bäckerei Nehlig gibt es nicht mehr. Sie fand man gleich am
Beginn der Stiegelgasse. Der Schriftzug über dem Ladengeschäft ist bis heute erhalten. Jetzt ist dort ein Zaubertheater untergebracht. Wenn man vom Marktplatz Richtung Süden geht, kommt man auf den Neuweg, der – bis zum Bau der Landesstraße – die einzige Verbindung in das Selztal war. Nur wenige Meter vom Marktplatz entfernt - im Neuweg – befand sich bis in die 1980er Jahre die kleine Bäckerei Wichter. Dort gab es riesige Zuckerweck und unfassbar gute und große Nussecken. Heute beginnt der Marktplatz – nachdem er einige Jahre im Dornröschenschlaf verharrte – wieder zu leben. Es gibt direkt am Platz eine Apotheke, einen Eisverkauf, das „Lädle“ und natürlich eine Metzgerei, Tabak Bambach und das Café Henry’s. Nicht zu vergessen die Pizzeria Capri, von der schon die Rede war.
Trotz der „Neuen Mitte“, die viele Geschäfte in das Zentrum zog, bleibt der Ober-Ingelheimer Marktplatz ein Ortszentrum, das viel zu bieten hat. Geschichte und Gegenwart verschmelzen zu einer wunderbaren Symbiose.
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